Jahresbericht 2024 AG Niedergelassene ÄrztInnen

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  • Mitglieder

Die derzeitigen Mitglieder der Arbeitsgruppe Niedergelassene Ärzte in der DPG sind:

Dr. Dirk Becker, Hamburg; Dr. Martina Müngersdorf, Berlin; Dr. Robert Pfister, Neusäß; Dr. Frank Siebecker, Telgte; Dr. Kristof Wunderlich, Dresden und Dr. lngmar Wellach, Hamburg (Sprecher der AG)

Ausgeschieden sind dieses Jahr: Dr. Heinz Herbst, Dr. Michael Lorrain

  • Einleitung, Ist-Stand und zunehmende Herausforderungen der AG

Die Parkinsonversorgung wird in Deutschland im Längsschnitt weiterhin von niedergelassenen NeurologInnen und NervenärztInnen durchgeführt. Dies hat den Vorteil einer über viele Jahre des Krankheitsverlaufs kontinuierliche Behandlung mit einer guten Kenntnis der in der Regel komplexen und vielschichtigen Krankengeschichte. Da jedoch auch die Behandlungsmaßnahmen (s.a. aktuelle LL der DGN) zunehmend komplexer und aufwändiger sind, werden insbesondere bedeutsame Therapieentscheidungen (z.B.- für komplexe Medikamentenumstellungen oder nicht-orale Folgetherapien) oft im Rahmen von stationären Aufenthalten in spezialisierten Zentren (Fach- oder Universitätskliniken) durchgeführt. In diesen Fällen ist es umso wichtiger, für einen möglichst reibungslosen Übergang zwischen den Versorgungssektoren zu sorgen. Diese Punkte sieht die AG weiterhin als eine zentrale Aufgabe der niedergelassenen ÄrztInnen in der Parkinson-Versorgung vor dem Hintergrund der wachsenden PatientInnenzahlen, des gesundheits-ökonomischen Drucks und der zunehmend komplexen Therapiestrategien, welche nicht nur in der Parkinsontherapie eine Spezialisierung im ambulanten Bereich erfordert.

Die AG Niedergelassene Ärzte ist auch weiterhin und aktuell besonders aufgrund der o.g.  personellen Veränderungen eine offene AG der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V., die sich für die Aspekte der ambulanten Versorgung von ParkinsonpatientInnen besonders engagiert. Die AG hat sich dabei zum primären Ziel gesetzt, eine hohe Versorgungsqualität und eine Versorgungskontinuität im vertragsärztlichen Bereich zu erreichen und aufrecht zu halten. Diese sollte der jeweiligen Krankheitsphase (von der Diagnosestellung bis zu palliativen Aspekten) effektiv begegnen. Dabei bekommen aus o.g. Gründen folgenden Punkten eine besondere Bedeutung zu:

  • Verstärkte Bemühungen in den Bereichen Nachwuchsförderung und Weiterbildung (geplant ist eine Kontaktaufnahme zwecks Austausch z.B. mit den „Jungen NeurologInnen“ in dieser Frage)
  • Umsetzung einer Leitlinien-gerechten Diagnostik und Therapie in der ambulanten Versorgung unter Berücksichtigung der bestehenden Regularien unseres Gesundheitssystems
  • Förderung von Aus- und Weiterbildung von ärztlichem und nicht-ärztlichem Personal im niedergelassenen Bereich unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte ambulanter Versorgung
  • Erarbeitung und Vermittlung von Qualitätsstandards unter besonderer Berücksichtigung des ambulanten Behandlungssettings
  • Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkaktivitäten sowie Angehörigenbetreuung und enge Kooperation mit der Selbsthilfe in den jeweiligen Regionen der AG-Mitglieder
  • Eigene Durchführung und Mitwirkung an Forschungsprojekten und wissenschaftlichen Publikationen
  • Beratung und Unterstützung für die Zertifizierung als „Parkinson-Schwerpunktpraxis (bisher dPV)“ mit dem Ziel einer transparenten Darstellung der Versorgungsqualität von spezialisierten Praxen
  • Integration von Praxen mit besonderem Parkinson-Schwerpunkt in überregionale Netzwerkstrukturen (enge Verbindung mit der DPG AG Netzwerke und digitale Versorgung)

Aufgrund der gemeinsamen Ziele und Tätigkeitsfelder sind weiterhin einige, aber nicht alle Mitglieder der AG gleichzeitig Mitglieder des „Verband für Qualitätsverbesserung in Neurologie und Psychiatrie (QUANUP) e.V.“. Die Mitglieder engagieren sich demzufolge in unterschiedlichen Projekten wie der AG „Netzwerke und Digitale Versorgung“, Versorgungsforschung, Ausbildung von Praxispersonal (PASSes), Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Themen im Einzelnen:

Parkinson-Schwerpunktpraxen:

Die Anzahl der Parkinson-Schwerpunktpraxen (PSPP) stagniert seit einigen Jahren in Deutschland. Immerhin konnte erreicht werden, dass trotz des Ausscheidens der Praxisinhaber diese spezielle Versorgungsform erhalten geblieben ist und die Anzahl nicht weiter abgenommen hat. Der Grund der sehr zögerlichen Verbreitung von Schwerpunktpraxen liegt vermutlich zu einem Teil an der sehr zögerlichen strukturellen Neuorientierung des ehemals von der Deutschen Parkinsonvereinigung (dPV) getragenen Zertifizierungsprozesses. Glücklicherweise konnte nun kurzfristig eine sehr gute Lösung mit dem Verband für Qualitätsentwicklung in Neurologie und Psychiatrie (QUANUP) e.V. etabliert werden. Zum anderen, vermutlich noch wesentlicheren Teil gibt es weiterhin keine Möglichkeit, den oft erheblichen Mehraufwand durch die schwerpunktmäßige ambulante Versorgung    von sehr komplexen chronischen PatientInnen im Rahmen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) dem Aufwand entsprechend abzubilden. Hier könnten Konzepte wie z.B. die „Ambulante Spezialärztliche Versorgung“ (ASV) oder direkte Selektivverträge mit Krankenkassen geeignete Lösungswege sein. Die Möglichkeit einer Versorgung über ASV existiert derzeit jedoch nur für einzelne Indikationen in der Neurologie, wie „neuromuskuläre Erkrankungen“ oder „Multiple Sklerose“ (MS).  Mitglieder der AG sind gerade in der Erarbeitung von Strategien und Konzepten, die den Mehraufwand einer zertifizierten PSPP wirtschaftlich abbilden könnten und den Vorteil einer PSPP auch aus Sicht der Praxis noch plausibler zu machen.

Leitlinien

Diese sollten sich auch weiterhin an den Bedürfnissen der niedergelassenen NeurologInnen und NervenärztInnen orientieren. Ausdrücklich erwünscht ist daher perspektivisch eine Einbeziehung ambulant tätiger NeurologInnen und Nervenärzte in den wissenschaftlichen Diskurs. Es wäre wünschenswert, wenn der Stellenwert der ambulanten Versorgung mehr Berücksichtigung findet, auch wenn, dazu die Datenlage und Evidenz nicht besonders ergiebig sind. Weiterhin steht die AG dafür, die Akzeptanz und Durchdringung der LL im ambulanten Sektor zu fördern und auszubauen.

Nachwuchsarbeit

Es scheint der Trend fortzubestehen, dass junge Ärztinnen und Ärzte den Weg in die Niederlassung eher über eine Anstellung, denn über eine selbständige Tätigkeit wählen. Dies kann und wird zu einer weiteren Abnahme inhabergeführter Facharztpraxen (meist Gemeinschaftspraxen/BAGs) führen, die bisher ParkinsonpatientInnen über einen sehr langen Zeitraum in Ihrem Krankheitsverlauf begleitet haben. Noch immer arbeiten mehr angestellte ÄrztInnen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) als in anderen Praxisformen (4, persönliche Mitteilung). Darüber hinaus verstärkt sich der Eindruck, dass zunehmend neurologische Erkrankungen (MS, Kopfschmerzen, Epilepsie, aber auch die Parkinson-Krankheit) schwerpunktmäßig im ambulanten Bereich (Praxen, aber auch Ambulanzen und Tageskliniken) abgebildet werden. Dies wird sich zukünftig auch auf weiterbildungsrelevante Aspekte im Rahmen der Facharztausbildung junger KollegInnen auswirken. Daher ist es ein weiteres wichtiges Ziel der AG, sich für Stärkung der ambulanten Weiterbildungsmöglichkeiten für werdende FachärztInnen zu engagieren. Diesbezüglich sollen im kommenden Jahr Konzepte entwickelt werden, um entsprechende Finanzierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

Aktivitäten in Wissenschaft und Forschung

Ambulantes Parkinson-Register - AmParkReG

Mitglieder der AG nehmen an den Vorbereitungen zu der von QUANUP geplanten und initiierten ambulanten Registerstudie „AmParkReg“ teil. Derzeit läuft eine bundesweite und gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld eingeleitete Umfrage (Survey) bezüglich der derzeit „gelebten Versorgungspraxis“ über verschiedene Verteiler der Berufsverbände. Studienbeginn ist voraussichtlich Q2 2026.

Innovationsfonds-Projekt „ParkProReakt“

Das Innovationsfonds-Projekt „ParkProReakt“, an dem auch Mitglieder der AG Niedergelassene ÄrztInnen als Versorger teilgenommen hatten, ist seitens der Rekrutierungsphase abgeschlossen. Derzeit Befindet sich das Projekt in der wissenschaftlichen Evaluation. Das Studienprotokoll wurde Anfang dieses Jahres publiziert. Die Studie läuft noch bis 31.12.2025.

Aktivitäten in der AG zum Thema ambulante Spezialisierung

„Parkinson-Schwerpunktpraxis“: Trotz des Ausscheidens der Praxisinhaber und AG-Mitglieder konnten zwei der drei zertifizierten Parkinson-Schwerpunkt-Praxen (Neurozentrum Stuttgart und Praxis Düsseldorf) neben der Praxis in Hamburg ihre Tätigkeit als Parkinson-Schwerpunktpraxis fortführen, sodass es nicht zu einem weiteren Rückgang der Versorgung gekommen ist (s.a. www.parkinson-vereinigung.de/Schwerpunktpraxen).

Nachdem entsprechende Konzepte -wie im Vorjahr angekündigt- erstellt werden konnten, sind Mitglieder der DPG-AG Niedergelassene Ärzte weiterhin sehr intensiv im Austausch und auch in konkreten Gesprächen, um eine besondere Vergütung der spezialisierten Parkinson-Versorgung im ambulanten Bereich zu erwirken.

Aktivitäten in der Ausbildung

Parkinsonassistentinnen/ Parkinsonassistent: PASS
Die Mitglieder der AG engagieren sich bundesweit für QUANUP für die flächendeckende Ausbildung von medizinischen Fachangestellten (MFAs) zu "Parkinson Assistent/innen" (PASSes) in Präsenzkursen. Bezüglich einer Kooperation der inhaltlichen Synchronisierung mit dem Parkinson-Nurse (PDN)- Curriculum (DGN-AG Pflege) besteht weiterhin ein großes Interesse auf beiden Seiten.

Beteiligung von AG-Mitgliedern in Netzwerken der Parkinson Netzwerke Deutschland e.V.

Auch sind mehrere Mitglieder der AG Niedergelassene Ärzte im Rahmen ihrer klinischen Tätigkeit in Netzwerke des Parkinson Netzwerke Deutschland (PND) e.V. integriert, bauen diese kontinuierlich aus oder betreiben selbst ein regionales Netzwerk. Darüber hinaus sind Mitglieder der AG Teilnehmer der regelmäßigen stattfindenden Netzwerkkongresse des „Netzwerke Deutschland e.V.“ und nehmen in diesem Rahmen auch an den Treffen der AG Netzwerke und digitale Versorgung teil.

Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe / Aktivitäten in der Versorgung

Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Selbsthilfegruppierungen sollte aus Sicht der Mitglieder der AG weiter sondiert und ausgebaut werden. Es ist dabei die Erfahrung einzelner Mitglieder der AG, dass es in den verschiedenen Selbsthilfe-Organisationen sehr unterschiedliche Möglichkeiten hinsichtlich der vorgehaltenen Infrastrukturen und Ressourcen gibt, was gelegentlich die Kontaktaufnahme für gemeinsame Aktionen und Projekte erschwert. 

Ein wichtiges Ziel der AG ist, nach Möglichkeit verschiedenen andere Institutionen und Vereine zu unterstützen, um die ambulante Versorgungsqualität zu stärken. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden „Ambulantisierung“ im Gesundheitswesen, aber auch gegen den wachsenden wirtschaftlichen Druck.

Öffentlichkeitsarbeit und berufspolitische Aktivitäten

Mitglieder der AG beteiligen sich an verschiedenen Arbeitsgruppen der DGN (z.B. AG Pflege bei Parkinson der DGN). Trotz wiederholter Kritik ist die im EBM-Ziffer für die Betreuung von Pumpenpatient/Innen (Überprüfung einer Duodenal-Dopa-Pumpe: 16225) nicht extrabudgetär vergütet, sodass der Aufwand dieser komplexen Versorgung (z.B. Betreuung von Medikamenten-pumpen), ebenso die aufwändige Betreuung von PatientInnen mit Tiefer Hirnstimulation (THS)) trotz wachsender Patientenzahlen nicht bzw. nur ungenügend abgebildet wird. Ferner sind oft in den ambulanten, inhabergeführten Zentren keine Kontrollgeräte mehr verfügbar. Hier sollte zwingend nachgebessert werden, um die Expertise in diesen hochspezifischen Therapieangeboten auch im ambulanten Bereich erhalten bleibt.

Ziele der AG Niedergelassene ÄrztInnem für das kommende Jahr

Die o.g. Ziele und Projekte sollen kontinuierlich weiterentwickelt werden. Es wurde allerdings oben bereits erwähnt, dass in diesem Jahr einige langjährige Mitglieder altersbedingt ausgeschieden sind.

Weiterhin ist der Altersdurchschnitt der AG hoch und der weibliche Anteil unter den Mitgliedern sehr gering. Daher steht der Gewinn von jungen Mitgliedern für die AG im kommenden Jahr sehr im Vordergrund. Auch angestellte Ärztinnen und Ärzte sind hier genauso herzlich willkommen, wie junge KollegInnen, die sich in ambulanter Weiterbildung befinden. Zu dem Zweck der Vernetzung und Mitgliedergewinnung ist geplant, dass es im kommenden im Rahmen des DPG-Kongresses wieder mal ein Präsenztreffen der AG gibt. Weiterhin ist es das erklärte Ziel, sich an Publikationen zu den verschiedenen Aktivitäten und Projekten der AG zu beteiligen. Auch in diesem Zusammenhang freuen wir uns auf weitere aktive Mitglieder und auf ein weiteres Wachsen der AG.

Publikationen unter Beteiligung von Mitgliedern (Ingmar Wellach) der AG im Jahr 2024/2025

  • van Munster M, Stümpel J, Pedrosa AJ, Niemand K, Wellach I, Becker D, Doblinger I, Schmidt K, Reiners R, Wolferts D, Martin A, Nisslmüller M, Sohrabi K, Groß V, Samans B, Fischer P, Ashraf MO, Wichartz R, Grzegorzek M, Huang X, Piet A, Irsfeld M, Trense C, Olgemöller PM, Seven Ü, Folkerts AK, Kalbe E, Böbinger H, Dapper J, Wohlfahrt L, Geraedts M, Altschuck N, Kerkemeyer L, Eggers C, Pedrosa DJ. ParkProReakt-evaluation of a proactive approach to healthcare in Parkinson's disease: a study protocol for a randomised controlled trial. BMJ Public Health. 2025 Jul 21;3(2):e002265.
  • Altschuck N, van Munster M, Stümpel J, Pedrosa DJ, Wellach I, Boebinger H, Geraedts M; ParkProReakt Collaborator Group. Mixed-methods process evaluation of a proactive approach to healthcare in Parkinson's disease-ParkProReakt: a protocol of a hybrid efficacy-implementation study. BMJ Neurol Open. 2024 Dec 25;6(2):e000966. doi: 10.1136/bmjno-2024-000966. PMID: 39737345; PMCID: PMC11683930.
  • Literatur

1          Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Idiopathisches Parkinson-Syndrom2016 23/08/2023. Available from: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-010k_S3_Parkinson_Syndrome_Idiopathisch_2016-06-abgelaufen.pdf.

2            Höglinger G., Trenkwalder C. et al., Parkinson-Krankheit, S2k-Leitlinie, 2023, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online:www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 18.10.2024)

3            https://www.bundesaerztekammer.de/baek/ueber-uns/aerztestatistik/2022

4            https://www.kbv.de/html/bedarfsplanung.php

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Ingmar Wellach
Arzt für Neurologie und Psychiatrie
Sprecher der AG Niedergelassene Ärzte der DPG e.V.
1. Vorsitzender QUANUP e.V.

PRAXIS FÜR NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE HAMBURG WALDDÖRFER
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