Jahresbericht 2023 AG Niedergelassene Ärzte

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  • Mitglieder

Die derzeitigen Mitglieder der Arbeitsgruppe Niedergelassene Ärzte in der DPG sind:

Dr. Dirk Becker, Hamburg; Dr. Heinz Herbst, Stuttgart; Dr. Michael Lorrain, Düsseldorf; Dr. Werner Hofmann, Aschaffenburg; Dr. Martina Müngersdorf, Berlin; Dr. Robert Pfister, Neusäß; Dr. Frank Siebecker, Telgte; Dr. Kristof Wunderlich, Dresden (neues Mitglied) und Dr. lngmar Wellach, Hamburg (Sprecher der AG)

  • Einleitung, Ist-Stand und zunehmende Herausforderungen der AG

Weiterhin wird in Deutschland insbesondere die langfristige Betreuung von Parkinsonpatient/Innen und deren Angehörigen schwerpunktmäßig durch niedergelassene Neurologen und Nervenärzte mit Versorgungsauftrag getragen. Dabei sind besonders die langfristige Bindung und Kenntnis des in-dividuellen Krankheitsverlaufes der Betroffenen von besonderer Bedeutung. Es besteht kein Zweifel darüber, dass die Versorgung von PatientInnen, die von der Parkinson-Krankheit betroffen sind, im Wesentlichen ambulant stattfindet und durch auf Parkinson-Erkrankungen und andere Bewegungs-störungen spezialisierte Neurologen geleitet werden soll. Dies entspricht auch den Empfehlungen der vorherigen Leitlinie zur Parkinson-Krankheit (1). In der aktuellen Leitlinie ist diese Empfehlung nicht mehr zu finden. Stattdessen wird hier auf Parkinson-Schwerpunktpraxen verwiesen (von denen es in Deutschland derzeit nur drei an der Zahl gibt). Es wird darüber hinaus empfohlen, dass die Einweisung in eine spezialisierte Parkinson-Tagesklinik fachärztlich-neurologisch erfolgen soll, was zwar impliziert, dass die ambulante Behandlung auch fachärztlich-neurologisch geführt wird, aber nicht zwangsläufig durch einen auf Bewegungsstörungen spezialisierten Neurologen erfolgen soll (2). Weitere Empfehlungen beziehen sich auf integrierte Versorgungsmodelle in einem Versorgungs-netzwerk (in dem meist auch niedergelassene NeurologInnen integriert sind) und die Einbeziehung spezifisch ausgebildeter Parkinson-Pflegekräfte (PDN-Parkinson Disease Nurse) in die Versorgung (2).

Allerdings wird in den letzten Jahren zunehmend der Trend beobachtet, dass junge Ärztinnen und Ärzte zwar den Weg in die Niederlassung wählen, jedoch aus unterschiedlichen Beweggründen eine ambulante Tätigkeit in Anstellung bevorzugen (3). In diesem Prozess verdrängen finanzkräftige Medizinische Versorgungszentren (MVZ) mehr und mehr individuelle Facharztpraxen (meist Gemeinschaftspraxen/BAGs). Inzwischen Arbeiten mehr angestellte ÄrztInnen in MVZ als in anderen Praxisformen (4, persönliche Mitteilung). Diese und andere gesundheitspolitische Änderungen betrachten Mitglieder der AG mit Sorge. Diese betrifft sowohl die Sorge um die Aufrechterhaltung der Versorgungsqualität (insbesondere bei zeitaufwendigen und komplexen chronisch erkrankten Patient/Innen), als auch um den Aus- und Weiterbildungskontext, da viele Aspekte chronisch-neurologischer Erkrankungen mittlerweile scherpunktmäßig im ambulanten Bereich abgebildet werden. Dadurch bedingt bekommen junge Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Facharztausbildung nur noch einen inkompletten Einblick in viele Themenfelder. Leider sind derzeit noch immer keine spezifischen Vergütungsstrukturen für die Besonderheiten der ambulanten Versorgung von Parkinsonpatient/Innen etabliert, was direkte Effekte auf die Versorgung, aber auch indirekt negative Auswirkungen auf Aus- und Weiterbildung von nicht-ärztlichem Praxispersonal mit spezieller Parkinson-Expertise (MFA/PASSes) sowie ambulante Spezialisierung (zertifizierte Parkinson-Schwerpunktpraxis) hat. Ebenso führen die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen zu immer mehr Herausforderungen die zunehmend komplexen Behandlungsmethoden (Rescue-, On-Demand-, Pumpentherapien und Versorgung von THS-Patient/Innen) leitliniengerecht im Alltag umzusetzen.

Die AG Niedergelassene Ärzte ist eine offene AG der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V., die sich für die Aspekte der ambulanten Versorgung von Parkinson-patient/Innen besonders engagiert. Die AG hat sich dabei zum primären Ziel gesetzt, eine hohe Versorgungsqualität und eine Versorgungskontinuität im vertragsärztlichen Bereich zu erreichen und aufrecht zu halten. Diese sollte der jeweiligen Krankheitsphase (von der Diagnosestellung bis zu palliativen Aspekten) effektiv begegnen. Dabei bekommen aus o.g. Gründen die Bereiche Nachwuchsförderung und deren Weiterbildung neben folgenden Punkten eine besonderer Bedeutung:

  • Umsetzung einer Leitlinien-gerechten Diagnostik und Therapie in der ambulanten Versorgung unter Berücksichtigung der bestehenden Regularien unseres Gesundheitssystems
  • Aus- und Weiterbildung von ärztlichem und nicht-ärztlichem Personal im niedergelassenen Bereich unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte ambulanter Versorgung
  • Erarbeitung und Vermittlung von Qualitätsstandards unter besonderer Berücksichtigung des ambulanten Behandlungssettings
  • Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkaktivitäten sowie Angehörigenbetreuung und enge Kooperation mit der Selbsthilfe in den jeweiligen Regionen der AG-Mitglieder
  • Eigene Durchführung und Mitwirkung an Forschungsprojekten und wissenschaftlichen Publikationen
  • Beratung und Unterstützung für die Zertifizierung als „Parkinson-Schwerpunktpraxis (bisher dPV)“ mit dem Ziel einer transparenten Darstellung der Versorgungsqualität von spezialisierten Praxen
  • Integration von Praxen mit besonderem Parkinson-Schwerpunkt in überregionale Netzwerkstrukturen (enge Verbindung mit der DPG AG Netzwerke und digitale Versorgung)

Aufgrund der gemeinsamen Ziele und Tätigkeitsfelder sind viele, aber nicht alle Mitglieder der AG gleichzeitig Mitglieder des „Verband für Qualitätsverbesserung in Neurologie und Psychiatrie (QUANUP) e.V.“. Die Mitglieder engagieren sich demzufolge in unterschiedlichen Projekten wie der AG „Netzwerke und Digitale Versorgung“, Versorgungsforschung, Ausbildung von Praxispersonal (PASSes), Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe und Öffentlichkeitsarbeit.

Die genannten Tätigkeitsfelder und weiteren Ziele sollen im Folgenden kurz genannt werden:

  • Aktivitäten in Wissenschaft und Forschung

Einige Mitglieder der AG wirken im Kompetenznetz Parkinson mit und haben an der Durchführung von klinischen Studienprojekten teilgenommen (z.B. Parkinson Go-Studie).

  • Ambulantes Parkinson-Register - AmParkReG

Mitglieder der AG nehmen an der von QUANUP geplanten und initiierten ambulanten Registerstudie „AmParkReg“ teil. Studienbeginn der ist voraussichtlich Q2 2025.

  • Innovationsfonds-Projekt „ParkProReakt“

Einzelne Mitglieder der AG Niedergelassene Ärzte sind Konsortialpartner in dem G-BA Innovationfonds-Projekt „Parkinson - Proaktive statt Reaktive Symptomerkennung, ParkProReakt“ unter der Konsortialführung Universitätsklinik Marburg (ParkProReakt). Die Studie läuft noch bis 31.12.2025. Erste Publikationen sind eingereicht (s.u.).

  • Aktivitäten in der AG zum Thema ambulante Spezialisierung
  • „Parkinson-Schwerpunktpraxis“: Ein Teil der bereits zertifizierten Parkinson-Schwerpunkt- Praxen (Dr. Heinz Herbst (Neurozentrum Stuttgart) Dr. Michael Lorrain, Düsseldorf, Dres. Becker und Wellach, Hamburg) sind nun bereits re-zertifiziert (s.a. Schwerpunktpraxen).
  • Mitglieder der DPG-AG Niedergelassene Ärzte sind darüber im Austausch, Konzepte für eine besondere Vergütung der spezialisierten Parkinson-Versorgung im ambulanten Bereich zu entwickeln.
  • Aktivitäten in der Ausbildung
  • Parkinsonassistentinnen/ Parkinsonassistent: PASS
    Weiterhin engagieren sich Mitglieder der AG bundesweit für QUANUP bezüglich der flächendeckenden Ausbildung von medizinischen Fachangestellten (MFAs) zu "Parkinson Assistent/innen" (PASSes) in Präsenzkursen. Weiterhin wünschenswert wäre es, auch ein entsprechendes digitales Format anzubieten. Darüber hinaus ist eine Synchronisierung/ Adaptation an die Parkinson-Nurse (PDN)- Ausbildung (in Form von „ambulanten Modulen“) vorgesehen, die dort bei Bedarf integriert werden könnten. Zudem sollen die Inhalte des PASS-Ausbildungs-Curriculums von QUANUP noch bis Ende des Jahres bundesweit vereinheitlicht, und an die neuen DGN-Leitlinien angepasst und aktualisiert werden.
  • Beteiligung von AG-Mitgliedern in Netzwerken der Parkinson Netzwerke Deutschland e.V.

Mehrere Mitglieder der AG Niedergelassene Ärzte sind im Rahmen ihrer klinischen Tätigkeit in ein Netzwerk des Parkinson Netzwerke Deutschland e.V. integriert oder betreiben selbst ein regionales Netzwerk. Darüber hinaus sind Mitglieder der AG Teilnehmer der regelmäßigen stattfindenden Netzwerkkongresse des „Netzwerke Deutschland e.V.“ und nehmen in diesem Rahmen auch an den Treffen der AG Netzwerke und digitale Versorgung teil.

  • Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe / Aktivitäten in der Versorgung

Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Selbsthilfegruppierungen muss aus Sicht der Mitglieder der AG neu sondiert werden.

Es ist ein wichtiges Ziel, die ambulante Versorgungsqualität hochzuhalten, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden „Ambulantisierung“ im Gesundheitswesen, aber auch gegen den wachsenden wirtschaftlichen Druck. Die aktuelle Leitlinie Parkinson-Krankheit bietet viele Möglichkeiten der Orientierung, auch für die Sprechstunde. Wir hoffen auf eine große Akzeptanz in der täglichen ambulanten Versorgung.

  • Öffentlichkeitsarbeit und berufspolitische Aktivitäten

Weiterhin beteiligen sich Mitglieder der AG an verschiedenen Arbeitsgruppen der DGN (z.B. AG Pflege bei Parkinson der DGN). Hier wurden in den letzten Jahren auch gemeinsame Artikel zu verschiedenen Parkinson-bezogenen berufspolitischen Themen erstellt und veröffentlicht (s.u.).
Die Gruppe kritisiert weiterhin die unkritische und teils fehlerhafte Umsetzung der „Aut idem Regelung“ bei Parkinsonpatient/Innen, sowie den weiterhin erheblichen Anpassungsbedarf am Bundeseinheitlichen Medikamentenplan in der bisherigen Form (bisher können die für viele Parkinsonpatienten notwendigen Einnahmezeiten nicht übersichtlich und verständlich genug dokumentiert werden, ebenso wenig die medikamentöse Versorgung mit Medikamentenpumpen). Die im EBM implementierte (aber weiterhin wenig bekannte) Ziffer für die Betreuung von Pumpenpatient/Innen (Überprüfung einer Duodenal-Dopa-Pumpe: 16225) wird nicht extrabudgetär vergütet, sodass auch dadurch der Aufwand der Parkinsonversorgung (z.B. Betreuung von Medikamentenpumpen, Tiefenhirnstimulation u.a.m.) gar nicht bzw. ungenügend abgebildet wird.

  • Ziele der AG Niedergelassene Ärzte für das kommende Jahr

Die o.g. Ziele und Projekte sollen kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dafür ist geplant, dass es in den kommenden Jahren wieder ein- bis zweimal jährlich Präsenztreffen der AG-Mitglieder gibt. Z.B. auch im Rahmen der jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung von QUANUP e.V. Ferner wäre es das Ziel auch zukünftig Publikationen zu den verschiedenen Aktivitäten und Projekten der AG einzureichen. In diesem Zusammenhang freuen wir uns auf weitere tatkräftige Mitglieder und auf ein weiteres Wachsen der AG.

  • Publikationen unter Beteiligung von Mitgliedern (Ingmar Wellach) der AG im Jahr 2023

Fründt, O., Kirchner, C., van Munster, M. et al. Aus- und Weiterbildung der Parkinsonpflege verbessern. Pflegez 76, 52–55 (2023). https://doi.org/10.1007/s41906-023-2068-8

  • Literatur

1          Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Idiopathisches Parkinson-Syndrom2016 23/08/2023. Available from: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-010k_S3_Parkinson_Syndrome_Idiopathisch_2016-06-abgelaufen.pdf

2            Höglinger G., Trenkwalder C. et al., Parkinson-Krankheit, S2k-Leitlinie, 2023, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 18.10.2024)

3            https://www.bundesaerztekammer.de/baek/ueber-uns/aerztestatistik/2022

4            https://www.kbv.de/html/bedarfsplanung.php

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Ingmar Wellach
Arzt für Neurologie und Psychiatrie
Sprecher der AG Niedergelassene Ärzte der DPG e.V.
1. Vorsitzender QUANUP e.V.

PRAXIS FÜR NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE HAMBURG WALDDÖRFER
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